Bundesliquid: Soll ichs wirklich machen oder lass ichs lieber sein?

Die Jungs von “Fettes Brot” hatten das schon vor vielen Jahren getextet – den Konflikt, wenn man eine Entscheidung zu treffen hat und beide Optionen als gleichrangig erkennt.

Vor diesem Konflikt stehe ich derzeit auch, allerdings geht es nicht um irgendwelche Frauen oder Partys, sondern um Liquid Feedback. Seit heute ist es ja die bundesweite Instanz von Liquid Feedback für die Piratenpartei gestartet – und ich stehe im Konflikt, ob ich mich anmelden soll oder nicht.

Im Vorfeld gab es viel Streiterei deswegen, die Partei teilte sich praktisch in zwei Lager auf, die einen, die Liquid Feedback als sehr offenes System wegen der Transparenz durchsetzen wollten – und auf der anderen Seite die, die im Namen des Datenschutzes für ein möglichst geschlossenes System eingetreten sind. Bei der Diskussion wurde leider sehr viel Porzellan zerbrochen und mit der Eleganz eines Blauwals an Land agiert – von allen Seiten. Die Folge waren verhärtete Fronten, Rück- und wohl auch Austritte. Alles nicht schön.

Nun wurde auf der gestrigen Bundesvorstandssitzung gesagt: “schwamm drüber” und Liquid Feedback wurde offiziell gestartet. Und nun ist die Situation etwas verwirrend. Zwar wurden auf der gestrigen Sitzung (und der in der Vorwoche) einige Änderungen an der Instanz beschlossen – aber auf der anderen Seite ist das System praktisch unverändert gestartet. Die Änderungen sind (eigentlich):

  • Die Instanz soll bis zum Bundesparteitag in Chemnitz laufen und dann gelöscht werden
  • Nach 4 Parteitagen sollen die Abstimmdaten gelöscht werden
  • Es sollen ohne Anmeldung nur die Initiativen, nicht aber die Usernamen angezeigt werden

Es gibt ein Argument, weswegen das System unverändert gestartet ist: die Nutzungsbedingungen (die von einer Anwaltskanzlei erstellt wurden) dürfen nicht verändert werden, ansonsten verfällt die Haftung für eventuelle Fehler in den Texten. Daraus folgt, dass an dieser Stelle dem Vorstand gegenüber das Vertrauen eingeräumt werden muss, nach Chemnitz einen Neustart auf Basis der bis dahin angelaufenen Erfahrungen durchzuführen.

Bis zum BPT möchte Wolfgang Dudda gemeinsam mit Befürwortern und Kritikern neue Bedingungen erarbeiten, die hoffentlich die Gräben wieder zuschütten werden. Ich traue ihm das zu und denke, dass ich mich dann auch guten Gewissens am System anmelden kann – aber was mache ich bis dahin?

  • Soll ich mich anmelden und damit zeigen, dass ich diese Nutzungsbedingungen akzeptiere – was ich im Inneren nicht tue?
  • Und falls ich mich anmelde, soll ich dann überall mitmachen oder z.B. nur bei Initiativen zu LiquidFeedback an sich mitmachen? (Also als Versuch, das System von innen heraus zu ändern)
  • Oder wäre es besser, wenn ich mich nicht anmelde? Sollten sich nur wenige Leute am System anmelden, könnte man dies als Zeichen deuten, dass viele nicht mit den Nutzungsbedingungen einverstanden sind. Dies wäre eine stärkere Basis für eine Änderung der Bedingungen – aber es bedeutet gleichzeitig, dass man sich eben nicht politisch in LF beteiligt, was für den BPT und unsere politische Entwicklung schlecht sein könnte.

Selbst wenn ich mich anmelden sollte, stehe ich noch vor vielen Entscheidungen:

  • Nehme ich ein unbekanntes Pseudonym oder trete ich offen auf?
  • Soll ich Initiativen einbringen oder nur meine Stimme abgeben?

Viele Fragen – und eine Antwort habe ich noch nicht …