Das Problem des generischen Maskulinums – und die Abneigung vor jeglicher Veränderung

Vorwort

Ich hatte gestern auf Twitter eine angestrengte Diskussion, wo es ursprünglich um ein Plakat der Jungen Union ging, das sich gegen das Gendersternchen richtete. Marina Weisband hatte diesen Tweet gestartet – und natürlich gab es dann entsprechende Diskussionen über Sinn und Unsinn.

Mein Standpunkt

Ich denke, dass es ein Problem der deutschen Sprache ist, dass man zwar klar eine Gruppe von Menschen benennen kann, die komplett einem Geschlecht angehören (“Die Lehrerinnen”) – man aber auf die männliche Form umschalten muss, sobald die Geschlechter aller Menschen nicht ganz klar ist, bzw. auch nur ein Mann in der Gruppe anwesend ist. Dies ist schon alleine ein logisches Problem, dass der Programmierer in mir lösen möchte.

Lösungswege

Ich persönlich bin kein Freund von Gendersternchen und den anderen Sonderzeichen mitten im Wort. Sonderzeichen sind keine Buchstaben, Sonderzeichen kann man nicht aussprechen, Sonderzeichen im Wort haben Probleme mit Screenreadern.

Außerdem gibt es einen massiven Wildwuchs der verschiedensten Formen – was den Programmierer in mir in den Wahnsinn treibt, denn ich möchte hier eine eindeutige Festlegung. Diese Festlegung sollte meiner Ansicht nach von Menschen durchgeführt werden, die im Bereich der Sprache Fachwissen haben und die zu den betroffenen Gruppen (Frauen, androgyne oder bezüglich des eigenen Geschlechts unentschlossene Menschen, sowie Menschen mit undefiniertem Geschlecht) gehören.

Ich persönlich bin der Ansicht, dass hier eher im Bereich der Grammatik gearbeitet werden müsste. Wie genau, das müssten Leute festlegen, die sich mit der Sprache und ihrem Aufbau beschäftigt haben und sie nicht nur (wie ich und die meisten anderen Menschen) einfach anwenden.

Zur Diskussion

Ich hatte postuliert, dass das grundsätzliche Problem existiert und dass eine einheitliche Lösung gefunden werden muss, die eine breite Unterstützung finden wird. Und da fing die Diskussion an. Ich hatte hauptsächlich mit einer Person diskutiert, die (in einer vorbildlich geführten Diskussion ohne harsche Worte) der Ansicht war, dass es kein Problem mit dem generischen Maskulinum gäbe und dass wir also auch nichts zu ändern hätten. Außerdem war er der Ansicht, dass eine solche Diskussion dann mit allen Betroffenen (d.h. allen Menschen, die Deutsch sprechen) geführt werden müsste und dass basisdemokratisch entschieden werden müsse.

Der Schwachpunkt dieses Vorschlags ist meiner Ansicht nach, dass die meisten Menschen in dieser Thematik eher indifferent sein werden, es wird ihnen schlichtweg egal sein, sie haben buchstäblich andere Probleme und sie haben sich mit der jetzigen Lösung angefreundet. Dementsprechend wären sie bei einer basisdemokratischen Entscheidung natürlich auch sehr empfänglich für Populismus, bzw. würden das Problem einfach nicht sehen. Außerdem klappt es rein technisch nicht, dass Millionen von Menschen eine Lösung erarbeiten. Das geht nur mit einem kleinen Kreis von Menschen, die im Auftrag etwas erarbeiten.

Was ich an dieser Diskussion interessant fand, das war die komplette Abneigung jeglicher Änderung. Insbesondere fand ich es interessant, da es ja nicht einmal nach dem Finden einer Lösung eine Pflicht gäbe, diese Lösung auch zu verwenden. Ich denke, dass diese Lösung so ähnlich Einzug halten würde wie die letzte Rechtschreibreform. D.h. dass insbesondere Zeitungen ihren eigenen Weg finden würden. Konservative Zeitungen würden es wohl eher ignorieren, progressive eher adaptieren, andere würden vielleicht eine Mischung verwenden. Und jeder einzelnen Person wäre es ja komplett freigestellt, die Lösung zu verwenden. Es würde also keiner Person etwas weggenommen, sondern es würde ein Zugewinn sein.

Ich sehe hier Gemeinsamkeiten zu Themen wie dem dritten Geschlecht oder Geschlechtsangleichenden Operationen. Auch diese Themen interessieren nur wirklich wenige Menschen, gleichzeitig laufen viele Menschen Sturm, die von einer Entscheidung in dieser Thematik nicht direkt betroffen wären, egal in welche Richtung die Entscheidung fällt. Sie veerweigern sich einfach jeglicher Änderung, weil sie augenscheinlich Änderungen an sich ablehnen oder sich weigern, einen Handlungsbedarf zu erkennen, frei nach dem Motto: Da es mich nicht betrifft, betrifft es keine Person. Außerdem kenne ich hier diese eine Person die zu der betroffenen Gruppe gehört und die auch meiner Meinung ist.

Eine Bitte

Natürlich sind auch im Fediverse die Menschen diesbezüglich gespalten. Ich würde mich deswegen freuen, wenn die Leute hier nicht über Sinn oder Unsinn des generischen Maskulinums diskutieren würden – da wird keine Seite die andere überzeugen können, also lasst es bitte. Ich werde auch im Zweifel zur Ultima Ratio greifen, d.h. ich würde Kommentare löschen, falls sie anfangen, beleidigend zu werden. In dieser Hinsicht war die Twitter-Diskussion mit der Person sehr vorbildlich. Wir endeten damit, dass ich festhielt, dass wir beide diesbezüglich einer unterschiedlichen Meinung sind und wir uns nicht auf eine Meinung einigen würden. Er “likte” den Beitrag und wir beiden beendeten die Diskussion auf gleicher Augenhöhe.